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Wirtschaftsschutztagung am 07.11.2022 durchgeführt


Am 07.11. 2022 fand die diesjährige Wirtschaftsschutztagung der Abteilung Verfassungsschutz des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport statt.

Der Niedersächsische Minister für Inneres und Sport, Boris Pistorius, betonte in seiner Keynote, dass die Zahl der digitalen Attacken auf niedersächsische Firmen stetig ansteige. Neben Angriffen auf Firmennetzwerke aus kriminellem Antrieb und daraus resultierender Erpressung können auch politische Motive hinter einem Angriff stehen. Der Krieg Russlands gegen die Ukraine erfordere bereits eine erhöhte Wachsamkeit, hinzu käme die Unsicherheit aufgrund des steigenden Einflusses aus China. Dr. Martina Oelkers, Verfassungsschutzvizepräsidentin, erklärte, dass aktuell zunehmend Spionageaktivitäten beobachtet würden. Der Verfassungsschutz in Niedersachsen will das Thema stärker ins Bewusstsein rücken und so die Resilienz der Wirtschaft und Gesellschaft stärken.

Insgesamt folgten knapp 200 Vertreterinnen und Vertreter größtenteils niedersächsischer Unternehmen der Einladung zur Präsenzveranstaltung. Nachdem coronabedingt nur virtuelle Zusammenkünfte stattfanden, war nun wieder, gerade was höchstsensible Themen betrifft, ein offenerer Austausch und direktes Netzwerken möglich.

Dr. Diana Kisro-Warnecke von der Nippon Telegraph and Telephone Group (NTT, Hauptsitz Tokio) DATA Deutschland GmbH stellte in Ihrem Vortrag „China: Partner, Konkurrent oder systemischer Rivale?“ die Chancen und Risiken dar, die der wachsende Handel mit China mit sich bringt. So wurde u.a. die Problematik zum anteiligen Verkauf des Hamburger Hafens thematisiert:

Der chinesische Konzern Cosco hatte sich im Oktober ursprünglich mit 35 Prozent am Containerterminal Tollerort am Hamburger Hafen beteiligen wollen und hätte sich hierdurch auch Einfluss auf Geschäfts- und Personalentscheidungen gesichert. Durch die vom Bundeskabinett beschlossene sogenannte Teiluntersagung kann sich der chinesische Staatskonzern nun zu maximal 24,9 Prozent beteiligen. So soll zumindest verhindert werden, dass das chinesische Unternehmen eine Sperrminorität besitzt und Einfluss auf Entscheidungen der Betreibergesellschaft ausüben kann.

Das Schwierige sei, so Kisro-Warnecke, dass der chinesische Einfluss hierzulande einer lang angelegten Strategie folge und China damit sein Ziel, im Jahr 2049 eine - wenn nicht gar „die“ - globale Supermacht zu sein, Schritt für Schritt verwirkliche.

Sophia Stahl stellte Inhalte Ihres Essays „Chinesisches Militär made in Germany“ vor, welches im Mai 2022 für das Recherchezentrum CORRECTIV erschienen war. Sie erläuterte, wie sich die Zusammenarbeit deutscher Hochschulen und Universitäten mit chinesischen Forschungseinrichtungen gestaltet und dass darin ein großes Risiko liegt. So kann den ausländischen Kooperationspartnern in vielen Fällen eine Nähe zum chinesischen Militär nachgewiesen werden. Daraus ergibt sich die Gefahr, dass das Wissen, welches hier an den Hochschulen geteilt wird, in militärische Einrichtungen fließt - sich hierdurch also eine Dual-use-Problematik ergibt, so Stahl. Dual-Use beschreibt die prinzipielle Verwendbarkeit von Technologien oder Gütern zu zivilen als auch zu militärischen Zwecken.

Dr. Tim Stuchtey, Direktor des Brandenburgischen Instituts für Gesellschaft und Sicherheit (BIGS), teilte die Erkenntnisse seines Instituts aus der Studie „Der hohe Preis des Zauderns: Handel unter russischer Aggression“ mit den Zuhörerinnen und Zuhörern. In dieser Studie wurden die viel diskutierten Kosten des Embargos gegen Russland den Kosten des Zauderns und der bis Jahresbeginn eher russlandfreundlichen Politik entgegengestellt. Der Ukraine-Krieg koste Deutschland schon jetzt 200 Milliarden Euro pro Jahr, so Stuchtey. Mutlosigkeit und realitätsferne Selbsttäuschung hätten auch finanzielle Kosten, nicht nur moralische.

In der sich diesen drei Vorträgen anschließenden Podiumsdiskussion mit Dr. Diana Kisro-Warnecke, Sophia Stahl und Dr. Tim Stuchtey wurden die ineinandergreifenden Themen der Vorträge diskutiert. Wie kann eine geeignete Sensibilisierung der Wissenschaft aussehen, wie der realistische Umgang mit dem Handelspartner China? Hier waren die Vortragenden übereinstimmend der Meinung, dass erst einmal damit begonnen werden muss, die Schwierigkeiten und Hindernisse des Handels mit China zu erkennen und für das eigene Unternehmen konkret einzuschätzen. Parallel sollte auch eine Sensibilisierung der Wissenschaft und Forschung durch staatliche Stellen etabliert werden.

Weiterhin wurde diskutiert, welche Möglichkeiten bestehen, der Energiekrise durch den Krieg in der Ukraine entgegen zu wirken. In diesem Zusammenhang wurde abgewogen, ob nach Beendigung des Krieges die Gaslieferungen aus Russland wiederaufgenommen werden könnten, wenn zur Auflage gemacht werden würde, dass Teile des Gewinns in einen Wiederaufbaufond für die Ukraine fließen.

Nach der Podiumsdiskussion ging es um die „Sicherheit von morgen mithilfe von künstlicher Intelligenz“. Prof. Dr. Marco Barenkamp, CEO der LMIS AG („LET’S MAKE IT SMARTER“!) Osnabrück, gab einen Überblick über die Möglichkeiten, die in der Nutzung künstlicher Intelligenz (KI) liegen und wie diese für die Cybersicherheit nutzbar gemacht werden können. Angesichts des wachsenden Umfangs und der zunehmenden Komplexität von Cyberangriffen kann KI Sicherheitssysteme/-analysten dabei unterstützen, Bedrohungen einen Schritt voraus zu sein - die Flut täglicher Warnmeldungen kann schneller gefiltert und die Reaktionszeit auf einen eventuellen Angriff drastisch verkürzt werden. KI ermöglicht das Erkennen von Mustern und Anomalien. In der Folge können Angreifer per Algorithmus beobachtet und anhand typischer Muster und Codefragmente identifiziert werden.

Es wurde deutlich, dass KI, Cyber Security sowie Smart Contracts und Blockchain starke Zukunftsthemen sind, die nicht nur wissenschaftlich, sondern auch wirtschaftlich enorme Potenziale bieten. "Jetzt keine KI zu nutzen, ist ja schließlich auch keine Lösung" so Barenkamp.

Anschließend stellte Caroline Lindekamp als Head of Project „noFake“ die Vision vor, „Mit menschlicher und künstlicher Intelligenz gegen Desinformation“ vorzugehen. Das Team hinter dem Projekt besteht aus Mitarbeitenden des Recherchezentrums CORRECTIV und der Wissenschaftsteams der Uni Bochum und der TU Berlin. Ziel ist es, mithilfe von KI Falschmeldungen zu erkennen und zu widerlegen. Das Projekt „noFAke“ wird vom Bundesforschungsministerium innerhalb eines Forschungsrahmenprogramms zur IT-Sicherheit gefördert und ist im März 2022 gestartet.

Die Abschlussworte des Referatsleiters für Spionageabwehr, Observation, Geheimschutz und Wirtschaftsschutz beim Niedersächsischen Verfassungsschutz, Frank Kornemann, richteten sich an die Unternehmensvertreterinnen und -Vertreter als auch an die Sicherheitsbehörden selbst: „Wir dürfen nicht zulassen, dass Bedrohung, Einschüchterung oder gar Krieg alltäglich für uns werden. Wir selbst sind in der Lage, die Geschehnisse mitzubestimmen und mitzugestalten.“



In der rechten Spalte können Sie die Rede von Minister Pistorius und den Veranstaltungsflyer herunterladen.


Unsere Presseinformation finden Sie hier und in der rechten Spalte.
Titel des Veranstaltungsflyers zur Wirtschaftsschutztagung   Bildrechte: MI - Abteilung 5
Symbolbild für die Veranstaltung   Bildrechte: MI - Abt. 5, ÖA
Presseinformation zur Wirtschaftsschutztagung 2022

Hier können Sie die Presseinformation herunterladen

 
(PDF, 0,11 MB)

Rede von Minister Pistorius bei der Wirtschaftsschutztagung 2022

Hier können Sie die Rede von Minister Pistorius herunterladen:

 
(PDF, 3,56 MB)

Flyer zur Wirtschaftsschutztagung

  Flyer_Wirtschaftsschutztagung

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