Linksextremismus
Einführung
Demgegenüber propagieren anarchistische Gruppierungen die Überwindung des bestehenden politischen Systems auf dem Wege massenhaften zivilen Ungehorsams und „vorbildhafter“ Selbstorganisation. Anarchistinnen und Anarchisten lehnen generell Machtstrukturen und Hierarchien und somit den Staat, seine Institutionen und Repräsentanten ab. Sie streben unmittelbar nach einer Revolution eine herrschaftsfreie Gesellschaft an.
Kommunismus und Anarchismus unterscheiden sich vor allem in der Bewertung der Freiheitsrechte. So überdeckt der übersteigerte Gleichheitsbegriff kommunistisch ausgerichteter Organisationen die individuellen Freiheitsrechte. Steht bei Kommunistinnen und Kommunisten primär das Kollektiv im Vordergrund, so ist es im Anarchismus das Individuum. Beide orientieren sich an der Utopie einer klassen- bzw. herrschaftsfreien Ordnung, d. h. an dem Ideal von der vollkommenen Befreiung des Menschen von allen gesellschaftlichen, politischen, ökonomischen, religiösen und kulturellen Zwängen. Anarchistinnen und Anarchisten, die in ihrem konkreten politischen Handeln diesen utopischen Entwurf vorzuleben versuchen, verneinen auf Machtstrukturen beruhende Zwischenstadien zur Realisierung dieser klassenlosen Gesellschaft wie die von Kommunisten angestrebte Diktatur des Proletariats.
Das aus sozialer Marktwirtschaft und demokratischem Rechtsstaat bestehende westliche Gesellschaftsmodell und die die repräsentierenden Mächte, allen voran die USA und ihre Verbündeten sowie westlich geprägte Bündnissysteme wie die NATO und die Europäische Union (EU), stehen für den Gegenentwurf zum ideologischen Weltbild der Linksextremistinnen und Linksextremisten. Sie eint ihre zentralen Feindbilder. Die linksextremistische Kritik konzentriert sich vor allem auf die (internationalen) Großkonzerne, die NATO und ihre Führungsmacht, die USA. Die Verantwortung für internationale Konflikte und Krisen verorten sie im Westen. Die wechselweise als kapitalistisch oder neoliberal bezeichnete westliche Wirtschaftsordnung wird grundsätzlich als Ausbeutung des Menschen durch den Menschen abgelehnt.
Aktuelle Entwicklungen im Linksextremismus
Die Entwicklung im Linksextremismus wird schon seit Jahren von der autonomen Szene dominiert. Als Reaktion auf die bereits seit den 1990er Jahren zunehmende interne Kritik an der Theorieferne, der Unorganisiertheit und der Selbstbezogenheit der autonomen Bewegung sind Teile von ihnr weiter bestrebt, der Ideologie-, Organisations- und Bündnisfrage mehr Raum zu geben. Als Resultat haben sich in den letzten zwei Jahrzehnten bundesweit vor allem zwei sich als postautonom verstehende Bündnisse herauskristallisiert: die „Interventionistische Linke“ (IL) und das Bündnis „ums Ganze!kommunistisches Bündnis“ (uG).
Um das demokratische Spektrum als Bündnispartner zu gewinnen, greifen „Autonome“, insbesondere „Postautonome“, Themen auf, mit denen sie bis weit in die Mitte der Gesellschaft anschlussfähig sind. Vor diesem Hintergrund ist eine zunehmende Entgrenzung des Linksextremismus in die Mitte der Gesellschaft bei gleichzeitiger Erosion der Abgrenzung des demokratischen Spektrums gegenüber Linksextremisten nicht zu übersehen.
Im Gegensatz zum demokratischen Protest, der frei ist von systemüberwindenden Forderungen, basiert der linksextremistische Protest auf ideologischen Grundannahmen, für die eine prinzipielle Gegnerschaft zum politischen System der Bundesrepublik und seiner Wirtschaftsordnung kennzeichnend ist. Linksextremisten dient der „Antikapitalismus“ und die unmittelbar mit ihm verbundenen Themen wie „Antifaschismus“, „Antirepression“, „Antigentrifizierung“, „Antimilitarismus“, „Antirassismus“ oder insbesondere in den letzten Jahren der Einsatz für den Klimaschutz vor allem als Plattform für ihren Kampf gegen den demokratischen Rechtsstaat. Erst wenn der Kapitalismus als „Wurzel allen Übels“ überwunden ist, lassen sich nach Auffassung auch der niedersächsischen Linksextremistinnen und Linksextremisten „Faschismus“ und alle anderen gesellschaftlichen Probleme lösen.
Um ihre Ziele zu erreichen, sind Linksextremisten bereit, Gewalt auch gegenüber Menschen anzuwenden. Ihre Hemmschwelle ist dabei weiterhin niedrig.
Die letzten Jahre stand die Entwicklung des linksextremistischen autonomen Spektrums vor allem im Zeichen des Nahostkrieges infolge des Überfalls der terroristischen HAMAS auf Israel am 07.10.2023. Der alte innerautonome Konflikt zwischen antideutsch und antiimperialistisch ausgerichteten „Autonomen“ ist seitdem wieder deutlich spürbar. Während sich die antideutsche Szene bedingungslos zum Staat Israel und seinen Bürgerinnen und Bürgern auch durch die Teilnahme an proisraelischen Demonstrationen bekennt, solidarisieren sich die Antiimperialisten ebenso wie die dogmatischen Linksextremisten, z. B. aus der DKP mit den Palästinenserinnen und Palästinensern. Sie beteiligen sich an deren bundesweiten Solidaritätsdemonstrationen und kritisieren Israel unter Ausblendung der Verbrechen der HAMAS.
Die linksextremistisch motivierten Übergriffe auf Rechtsextremistinnen und Rechtsextremisten bzw. auf Personen, die Linksextremistinnen und Linksextremisten als solche sehen, bilden weiterhin einen Schwerpunkt der linksextremistischen Aktivitäten. Sie zeigen, dass die Hemmschwelle von Linksextremisten zur Anwendung von Gewalt – auch gegenüber Menschen – weiterhin niedrig ist.
Die autonome Szene versucht auch, sich an die nicht extremistische Klimaschutzbewegung anzuschließen. An dieser Stelle ist eine Entgrenzung des Linksextremismus in Teile der Klimaschutzbewegung wahrnehmbar.
Im Bereich des parteigebundenen Linksextremismus werden die orthodox marxistisch-leninistisch ausgerichteten Parteien DKP und MLPD immer bedeutungsloser. Neben kontinuierlich schwachen Wahlergebnissen von deutlich unter einem Prozent leiden beide Parteien seit Jahren unter einer massiven Überalterung ihrer Mitglieder und einer Stagnation der Mitgliederzahlen auf niedrigem Niveau.Einführung
Für die Ideologie des deutschen Linksextremismus sind die beiden ideengeschichtlichen Grundströmungen des 19. Jahrhunderts, Marxismus und Anarchismus von fundamentaler Bedeutung. Linksextremistinnen und Linksextremisten greifen die in der amerikanischen Menschenrechtserklärung von 1776 und die im Zusammenhang mit der Französischen Revolution von 1789 proklamierten Werte Freiheit und Gleichheit in radikaler Zuspitzung auf und wollen den demokratischen Rechtsstaat zum Teil auch auf revolutionärem und gewaltsamem Wege überwinden, um ihn durch eine klassenlose bzw. herrschaftsfreie Gesellschaft zu ersetzen.
Weitergehende Informationen zum Linksextremismus entnehmen Sie bitte dem untenstehenden Kapitel des aktuellen Verfassungsschutzberichtes. Ebenso finden Sie hier den aktuellen gesamten Verfassungsschutzbericht sowie die Broschüre "Vom Autonomen zum Postautonomen?" sowie den Flyer "Linksextremismus"