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Raus aus dem Extremismus - Chancen und Herausforderungen

Aktuell und Kontrovers am 06.02.2019


Die siebte Veranstaltung aus der Reihe „Aktuell und Kontrovers“ des Niedersächsischen Verfassungsschutzes stand unter der Überschrift „Raus aus dem Extremismus: Chancen und Herausforderungen“. Die Teilnehmer des Podiums diskutierten – moderiert von Dr. Andreas Schwegel vom LKA Niedersachsen – über (De-)Radikalisierungsprozesse und Ausstiegsarbeit. 125 Gäste waren der Einladung in die ver.di-Höfe in Hannover gefolgt.


Diskutiert wurden Fragen rund um die Themen Prävention und Ausstieg aus der extremistischen Szene, unter anderem:

  • Wie kann verhindert werden, dass Menschen sich extremistischen Szenen zuwenden?
  • Wie sollte die Gesellschaft mit Aussteigern umgehen?
  • Welche Prinzipien der Ausstiegsarbeit lassen sich von den Erfahrungen aus dem Rechtsextremismus und dem Islamismus auf den Linksextremismus übertragen?
  • Wo liegen Grenzen der Ausstiegsarbeit?


Die Experten an dem Abend waren:

Dr. Benno Köpfer, Referatsleiter Analysegruppe Internationaler Extremismus und Terrorismus, Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg

Thomas Mücke, Geschäftsführer Violence Prevention Network e. V.

Christopher Krumm, Referent für das Aussteigerprogramm Linksextremismus (left), Ministerium des Innern des Landes Nordrhein-Westfalen

Aussteiger aus der extremistischen Szene


Der Niedersächsische Verfassungsschutzpräsident, Bernhard Witthaut, betonte in seinen Begrüßungsworten die wichtige Bedeutung von Aussteigerprogrammen in der Prävention. So habe das Programm „Aktion Neustart – Rechtsextremismus“ des Niedersächsischen Verfassungsschutzes seit seiner Gründung 2010 bereits mehr als hundert Fälle bearbeitet und vierzig Ausstiegswillige erfolgreich begleitet. Im 2016 gestarteten Programm „Aktion Neustart – Islamismus“ seien derzeit sechs Fälle in der aktiven Bearbeitung. Zwei Personen konnten bereits erfolgreich beim Ausstieg unterstützt werden. Auch aufgrund der zu erwartenden Rückkehrer aus den Krisengebieten in Syrien und dem Irak habe der Niedersächsische Verfassungsschutz „Aktion Neustart – Islamismus“ gerade um zwei weitere Mitarbeiter aufgestockt.
Witthaut sprach sich deutlich dafür aus, Prävention als wichtigen Teil der Sicherheitspolitik zu begreifen und appellierte an die Gesellschaft, Menschen, die aus einer extremistischen Szene ausgestiegen sind, eine zweite Chance zu geben. Denn nur auf diese Weise seien Bemühungen um (Re-)Integration erfolgreich und könne einer erneuten Hinwendung an die Szene wirkungsvoll vorgebeugt werden.
Thorsten, ein Aussteiger aus der rechtsextremistischen Szene, berichtete über seine damalige Motivation, sich der Szene zuzuwenden und von den Wendepunkten, die ihn dazu bewegten, auszusteigen. Für ihn persönlich sei nicht die Ideologie ausschlaggebend gewesen, sondern das Bedürfnis nach Anerkennung und Abenteuerlust. Letztlich habe er sich aufgrund einer schweren Straftat und einer Gefängnisstrafe entschieden, sich von der Szene abzuwenden.
Thomas Mücke sprach über die Probleme, die sich beim Ausstieg ergeben können. So müsse der Aussteiger Distanz zur Szene halten und die Gesellschaft bereit sein, diesen wieder in die Gesellschaft aufzunehmen. Aussteigerprogramme seien deswegen wichtig, weil sie den Ausstiegswilligen bei der Bewältigung dieser Herausforderungen unterstützen können. Dabei komme es auch darauf an, als Ausstiegshelfer hartnäckig zu bleiben und einen oft jahrelangen Prozess zuverlässig zu begleiten.
Dr. Benno Köpfer erklärte, dass es bei den Motiven zur Hinwendung zu einer Szene häufig starke Ähnlichkeiten bei Rechtsextremismus und Islamismus gebe. Die Rolle von Religion könne im Islamismus sehr unterschiedlich sein. Während manche Islamisten ihre Religion sozusagen ohne theologische Kenntnisse zusammenstellten, gäbe es durchaus auch solche mit fundierten Kenntnissen der Religion. Strittig sei die Frage, ob eine theologische Begleitung beim Ausstieg aus dem Islamismus in jedem Fall einen positiven Prozess auslöse.
Christopher Krumm berichtete von den bisherigen Erfahrungen
mit dem Aussteigerprogramm Linksextremismus „left“, das vor wenigen Monaten im Ministerium des Innern des Landes Nordrhein-Westfalen eingerichtet wurde. Ein Großteil der Fälle stamme aus dem Bereich auslandsbezogener Linksextremismus (u. a. PKK). Da das Programm noch jung sei und bislang wenige Erfahrungen mit der Ausstiegsbegleitung von Linksextremisten vorlägen, müsse man zunächst beobachten, ob und wie das Programm angenommen werde. Anspruch des Programmes sei es, den Menschen – unabhängig davon, ob eine Gefährdung oder eine soziale Ächtung vorliege – bei der Reintegration zu unterstützen.
Die Referenten betonten die Wichtigkeit eines vielfältigen Angebots im Bereich der Ausstiegsarbeit. Dennoch sei eine Verstetigung von häufig nur kurzfristig geförderten Programmen notwendig, um den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine Perspektive zu bieten und sicherzustellen, dass gut funktionierende Programme weitergeführt werden können.
Im Laufe der Diskussion wurden u. a. die deutlich gestiegene Rolle neuer Medien bei der Vernetzung und Rekrutierung innerhalb extremistischer Szenen, die Notwendigkeit einer kombinierten Strategie aus Antigewalt- und Ideologiearbeit und die zunehmende Bedeutung der Frauen in den Szenen thematisiert.



In der rechten Spalte können Sie die Presseinformation und den Programmflyer herunterladen.


Hier gelangen Sie noch einmal zur Ankündigung der Veranstaltung.

Verfassungsschutzpräsident Bernhard Witthaut  
Verfassungsschutzpräsident Bernhard Witthaut
Podium Aktuell und Kontrovers am 06.02.2019  
Podium Aktuell und Kontrovers am 06.02.2019
Dr. Benno Köpfer, Verfassungsschutz Baden-Würtemberg  
Dr. Benno Köpfer, Verfassungsschutz Baden-Würtemberg
Christopher Krumm, Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen  
Christopher Krumm, Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen
Thomas Mücke, Violence Prevention Network e.V.  
Thomas Mücke, Violence Prevention Network e.V.
Dr. Andreas Schwegel, LKA Niedersachsen  
Dr. Andreas Schwegel, LKA Niedersachsen
Aktuell&Kontrovers, Gäste  
Aktuell&Kontrovers, Gäste
Christopher Krumm, Bernhard Witthaut, Thomas Mücke, Dr. Benno Köpfer, Dr. Andreas Schwegel  
Christopher Krumm, Bernhard Witthaut, Thomas Mücke, Dr. Benno Köpfer, Dr. Andreas Schwegel
 

Flyertitel zur Veranstaltung

Informationen

praevention@verfassungsschutz.
niedersachsen.de
0511/6709-215

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