Wirtschaftsschutztagung 2023 – Desinformation, Cybersecurity und chinesische Einflussnahme auf Wirtschaft & Wissenschaft

Am Montag, 6.11.2023, fand die Wirtschaftsschutztagung im Maritim Airport Hotel Hannover statt. Von 13.00 bis 18.00 Uhr wurden den 255 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus Wirtschaft, Wissenschaft und staatlichen Institutionen durch das Sachgebiet Wirtschaftsschutz sowie von eingeladenen Referentinnen und Referenten wichtige Impulse zu aktuellen Themen vermittelt.

Frau Innenministerin Daniela Behrens eröffnete die Tagung und gab u.a. einen kurzen Überblick zur Entwicklung der nicht abschwellenden Desinformationskampagnen im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine und den Angriffen der Hamas auf Israel. Michael Kaspar, Islamwissenschaftler beim Niedersächsischen Verfassungsschutz, übernahm das Thema „Nahost-Konflikt“ und eröffnete den Gästen Einblicke in die Ziele und Vorgehensweise der terroristischen Organisationen „Hamas“ und „Hizb Allah“. Er gab zudem eine Einschätzung über die Auswirkungen des Krieges auf Deutschland und Niedersachsen ab: Diese würden sich aktuell hauptsächlich durch Sympathie- bzw. Antipathie-Bekundungen sowie aufgeheizten Diskussionen und Desinformationskampagnen im Internet zeigen, in der Realwelt allerdings auch in einem gesteigerten Demonstrationsgeschehen mit ansteigendem Agressionspotential.

Im Anschluss gaben sowohl Stefan Wöhlken der TELCATMULTICOM GmbH, als auch Markus Dietz der GRASS-MERKUR GmbH ihre Ideen davon wieder, wie man sich sowohl in der (Festnetz-)Telefonie, also auch in der allgemeinen Informationstechnik krisenfestester aufstellen und Bedrohungen im Vorfeld durch ein Schwachstelle-Management rechtzeitig erkennen kann. Es wurde u.a. auf wichtige BSI-Leitlinien sowie die NIS2-Richtlinie verwiesen, die der Gesetzgeber erlassen hat, um das Niveau der Cyberresilienz in der Europäischen Union zu stärken. Frau Dr. Kristin Masuch, als Vertreterin für das Projekt „ITS.Kompetent“, ergänzte das Thema durch Ausführungen zur Human Firewall und appellierte, auf Cybersicherheitsmaßnahmen zu setzen, die dem Unternehmen angepasst werden. Hier sollten die Trainingsmaterialien und Awareness-Maßnahmen anhand der individuell vorhandenen IT-Kompetenz gezielt - und nicht pauschal – ausgewählt werden. David Richter referierte für das Auswärtige Amt abschießend zu der internationalen Vorgehensweise bei Sicherheitsvorfällen im Zusammenhang mit Cyberangriffen durch ausländische Akteure und machte das Ziel der gemeinsamen Bemühungen deutlich: Resilienz-Erhöhung, und somit der Schutz einer „gemeinsamen digitalen Welt“.

Ein zweiter Themenblock setzte sich mit den Risiken durch unseren „Partner, Konkurrenten und systemische Rivalen“ (vgl. China-Sicherheitsstrategie) auseinander und beleuchtete die Herangehens- und Umgangsweise durch die Wissenschaft, als auch durch Wirtschaft mit dem Handelspartner China. Hier trug Sophia Stahl der paper trail GmbH gemeinsam mit Till Eckert der Investigativ-Redaktion CORRECTIV zu wissenschaftlichen Kooperationen zwischen chinesischen und deutschen Universitäten vor, sowie Thomas König von der Deutschen Industrie- und Handelskammer zu Inhalten und Verbesserungsansätzen der im Juli 2023 veröffentlichten Chinastrategie der Bundesregierung.

Flankierend erhielt das Auditorium Einblicke in die Rüstung – vorgetragen durch Peter Kunkel, Chief Security Officer (CSO) des Rheinmetall-Konzerns. Das Thema „Rüstung im Fokus“ griff die aktuellen Entwicklungen, aber auch die Herausforderungen eines lokalen Rüstungsunternehmens mit weltweiten Standorten und Produktionsstätten in Kriegszeiten auf.

Abschließend sprach der nds. Verfassungsschutzpräsident Dirk Pejril zum aufgeschlossenen und interessierten Publikum und schloss die thematische Klammer um die Wirtschaftsschutztagung mit Ausführungen über Verschwörungstheorien und Reichsbürger, und somit zum Rechtsextremismus. Der diesem Phänomenbereich zugeordneten Personenklientel werde man besondere Aufmerksamkeit schenken und diese weiterhin genau beobachten.

Insgesamt spiele der Faktor Sicherheit eine entscheidende Rolle bei der Bewertung der Attraktivität eines Landes, so Pejril, und sei damit ein wichtiger Faktor auch für die Ansiedlung und den Bestand von Wirtschaftsunternehmen. Damit verwies er auf die Bedeutung der Vernetzung, des Austausches und der vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Sicherheitsbehörden und Unternehmensvertretern, bevor die Tagung in ein Get together und einen vielschichtigen, persönlichen Austausch überging.